„Es gibt kein Wunder für den, der sich nicht wundern kann.“
Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach
Oft klingt es überheblich, wenn man Kindern (oder Erwachsenen) unterstellt, sie würden noch an Wunder glauben. Doch frage ich mich manchmal, wer dann wirklich naiv ist: Der, der daran glaubt oder der, der dies vehement verneint? Für die meisten Menschen ist es ganz normal, dass ein 8jähriges Kind selbständig aus einer Tasse trinkt. Als unser geistig und körperlich schwer behinderter Sohn das tat, war das ein Wunder für uns. Und wer in den letzten Jahren versucht hat, eine Wohnung in einer deutschen Großstadt zu finden, der weiß, dass auch unser Umzug in unser neues Zuhause im vergangenen Jahr durchaus als Wunder betrachtet werden darf.
Was ist ein Wunder eigentlich für Dich?
Irgendwie ist es ja auch eine Frage der Definition. Was ist ein Wunder für Dich? Deine Partnerschaft, weil Ihr vielleicht auf Umwegen doch noch zueinander gefunden habt? Deine Kinder, weil das schwanger werden nicht so schnell ging? Dein Job, weil Du endlich den Traumarbeitsplatz gefunden hast?
Ja, so in etwa dachte ich auch. Ich dachte, Wunder müssen immer riesig sein und quasi mit einem Feuerwerk daherkommen. Alles große, was wir Menschen nicht ohne göttliche Unterstützung schaffen; alles seltsame, was wir irgendwie nicht begreifen können – ja – das müssen wohl Wunder sein. Dann las ich vor kurzem etwas sehr spannendes von Phil Bosmans, einem belgischen Schriftsteller:
„Ich dachte, ich würde sie kennen, den Apfelbaum und den Birnbaum, bis ich eines Tages das Wunder sah. Sie standen mit ihren Füßen auf demselben Boden, erhoben ihren Kopf in dieselbe Luft, dieselbe Sonne, denselben Regen. Und der Apfelbaum machte Äpfel, und der Birnbaum, zehn Meter weiter, machte Birnen. Ganz normal, sagten die Menschen. Aber ich traute meinen Augen nicht. Was sie aus demselben Boden holten, derselben Luft, derselben Sonne und demselben Regen, daraus machte der eine Baum Birnen und der andere, zehn Meter weiter, Äpfel. Und die sind ganz verschieden in Form, Farbe, Geruch, Geschmack. So ein Wunder hatte ich noch nie gesehen.“ (Phil Bosmans)
Und als ich das las, wurde mir klar, dass jeder neue Tag ein Wunder ist. Dass jeder Mensch, jedes Tier und auch jedes andere Lebewesen ein Wunder ist. Nicht nur die großen Meilensteine, die riesigen Erfolge und die überwundenen Hindernisse – nein! Auch dass ich inmitten dieser aktuellen Hitzewelle (während ich das schreibe, sind es vor meinem Fenster lauschige 35°C) einfach meinen Ventilator einschalten und kaltes, sauberes Trinkwasser aus der Leitung zapfen kann – auch das sind doch genau genommen Wunder.
Ist Dankbarkeit der Schlüssel zum Glück?
Bei mir löste dieser Gedanke eine riesige Welle der Dankbarkeit aus. Eine Dankbarkeit an dieses Etwas – ob wir es nun Gott nennen oder nicht, ob wir viele Götter dafür verantwortlich machen wollen oder ganz allgemein eine geistige Welt. Dankbarkeit für die Fülle und Leichtigkeit, die ich trotz aller Stolpersteine im Leben erfahren darf. Diese Dankbarkeit werde ich heute meinen Kindern ins Herz setzen. Ja, natürlich habe ich das schon öfter getan. Aber wir sollten es jeden Tag tun – säen wir den Samen der Dankbarkeit in uns, in unsere Kinder und Enkelkinder, in unsere Freunde, Kollegen und Bekanntschaften. Und mit der Dankbarkeit kehrt automatisch Frieden in unsere Herzen. Ich bin fest davon überzeugt, dass es eben genau dieser Frieden ist, nach dem wir uns sehnen und der uns richtig glücklich werden lässt. Und Frieden im Herzen ist immer auch der Frieden im außen – vielleicht sogar in der ganzen Welt.
Ich wünsche Dir ein kühles Plätzchen und einen schönen Start ins Wochenende.
Liebe Stefanie,
herzlichen Dank für diesen wundervollen Artikel. Für mich ist das Leben an sich ein Wunder. Wie aus zwei Zellen, die miteinander verschmelzen, Leben entstehen kann, wie aus einer Zelle, nur weil sie in der Lage ist, sich zu spalten und zu teilen, wieder Neues entsteht … Und für mich persönlich ist unsere Verdauung ein wahres Wunder. Jeden Tag, jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde und wahrscheinlich auch in jedem Bruchteil einer Sekunde werden – ohne dass Du drüber nachdenken musst und irgendwas aktiv machen musst – Enzyme produziert, große und riesige Moleküle in kleinere zerlegt, von einer Zelle zur anderen transportiert, umgebaut, abgebaut, aufgebaut, Energie erzeugt, Energie verbraucht, und noch so vieles mehr. Das erfüllt mich mit Dankbarkeit, denn wir merken erst, was unser Körper alles leistet, wenn da irgendwas nicht mehr funktioniert. Daher bin ich täglich dankbar für die Stoffwechselprozesse im Körper, die einfach so, als wäre es nichts besonderes, funktionieren.
LG Susanne
Du hast vollkommen Recht, liebe Susanne! Auch unser Körper ist ein wahres Wunderwerk! Erstaunlich, wie schnell meine Finger über die Tastatur fliegen können, um das hier zu schreiben – quasi wie von selbst! Auch das ist ein Grund, dankbar zu sein. Heute werde ich mal ganz genau auf meinen Körper hören. Vielen Dank für diesen Input!
Liebe Grüße,
Stefanie