August 21

Von Regenbögen, Gebeten und Gottes Telefonnummer

In meinem Hexenkalender oder auch in meinen TV-Sendungen spreche ich sehr oft davon, dass bestimmte Götter oder Naturgeister „angerufen“ werden können. Offenbar führt dies regelmäßig zu Verwirrungen. Viele fragen sich, was das genau bedeutet. Außerdem bekam und bekomme ich noch immer viele Anfragen dazu, wie man die Götter denn nun genau ansprechen müsse und ob man etwas falsch machen könne. Manchmal werde ich auch gefragt, ob man denn beten muss. Ich möchte diesen Blogartikel nutzen, um meine Sicht der Dinge mit Dir zu teilen.

Anrufung ist gleich Gebet. Oder doch nicht?

Zunächst ist eine Anrufung nicht anderes als ein Gebet. Man kann beide Worte synonym verwenden. Laut dem Internet-Lexikon Wikipedia bezeichnet das Wort Gebet „eine zentrale Glaubenspraxis vieler Religionen. Es ist eine verbale oder nonverbale rituelle Zuwendung an ein transzendentes Wesen.“ Das bedeutet: sobald wir uns an einen Gott oder eine Göttin wenden, ist es ein Gebet. Dabei ist es unerheblich, ob wir sprechen, singen, tanzen, eine Kerze entzünden oder uns in Gedanken an das Göttliche wenden.

Wenn ich von einem Gebet spreche, denken die meisten allerdings nur an einen vorgegebenen, vorformulierten Gebetstext wie z. B. das Vaterunser aus den christlichen Kirchen.
Daher nutze ich manchmal das Wort Anrufung um eben zu verdeutlichen, dass ein Unterschied besteht zwischen einem fertigen Gebetstext, den man „herunterbetet“, weil es eben zu einer bestimmten Routine gehört; und eben einer Anrufung, die mehr oder weniger frei formuliert wird, um seine Gedanken, Wünsche und Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Selbstverständlich kann man auch ganz intensiv einen vorformulierten Text beten und mit vollem Herzblut dabei sein – keine Frage.

Man muss richtig beten, sonst wird man nicht gehört, oder?

Doch was ist richtig und was ist falsch? Ich hörte in den letzten Jahren immer wieder davon, dass man „richtig“ zu den Engeln beten müsse, sonst würden sie die Gebete nicht „akzeptieren“. Das stimmt jedoch nicht. Niemals gibt es eine Einschränkung in der Art des Gebets, sofern das Gebet aus dem Herzen kommt (das halte ich übrigens für elementar und als einzige Bedingung an ein Gebet). Denn ganz ehrlich: Wenn die Götter uns kennen (und davon gehe ich aus), sie uns die Sprache gebracht und uns eventuell sogar geschaffen haben – warum sollten sie dann nicht verstehen, dass sich all unsere Emotionen in unseren Gebeten widerspiegeln? In einem Gebet darf man weinen, lachen, jammern, flehen, schimpfen, bitten und auch verhandeln.

„Beten ist das Atemholen der Seele“

John Henry Newman

Nein, natürlich muss man nicht beten. Aber man kann. Und zwar immer dann, wenn man möchte. In jeder Situation des Lebens. Ich hörte auch von Menschen, die unter der Dusche oder sogar auf der Toilette beten. Wenn Dir das zu sagt, warum nicht? Für mich passt das nicht, aber hier darfst Du Dich frei fühlen. Natürlich darfst Du auch auf vorgefertigte, vielleicht schon seit vielen Jahrhunderten überlieferte Gebete zurückgreifen. Auch das hat eine ganz besondere Energie. Gerade dann, wenn sie Dich im Alltag immer wieder an das Göttliche erinnern.

Wenn zum Beispiel jüdische Menschen einen Regenbogen sehen, dann sprechen sie: „Gepriesen seist Du, Ewiger, unser Gott; Du regierst die Welt. Du erinnerst Dich an Deinen Bund und bleibst ihm treu. Du stehst zu Deinem Wort.“

Viele Christen finden Trost in Psalm 23 der Bibel und das Rezitieren gibt ihnen Kraft: “ Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.

Im Islam ist das Witr-Gebet eines der wichtigsten und wird üblicherweise als letztes Gebet des Tages gesprochen: „O Allah, leite mich mit denen, die Du geleitet hast und heile mich mit denen, die Du geheilt hast, und beschütze mich wie die die Du beschützt hast, und segne das, was Du mir gegeben hast, und bewahre mich vor dem Schlechten, das Du beschlossen hast, denn nur Du bestimmst und niemand bestimmt über Dich. Wahrlich, niemand kann gedemütigt werden, wenn Du ihn beschützt. Und niemand kann die Oberhand gewinnen, dessen Feind Du bist. Gesegnet bist Du, unser Herr, und erhaben. Und Allah segne den Propheten Muhammad.“

Übrigens: Einige Christen kennen sogar die Telefonnummer von Gott: 5015 lautet sie. Das habe ich irgendwo mal in einem Kindergottesdienst gehört und finde das ganz schön. Diese „Telefonnummer“ bezieht sich auf Psalm 50 Vers 15: „Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich preisen.“

Manchmal geht es nicht ohne.

Für Rituale sind Anrufungen ein grundlegender Baustein. Wenn nicht sogar der wichtigste Bestandteil überhaupt. Alles andere wie Kerzen, Räucherwerk, Deko etc. kann man austauschen oder teilweise sogar ganz weglassen – aber das Gebet nicht. Zu leicht vergessen wir, dass Worte eine ganz eigene und mächtige Energie in sich tragen. Nicht nur die Bedeutung selbst, sondern auch die Betonung, Stimme, Tempo, Lautstärke – das alles ist Energie, die in unsere Bitte oder unseren Wunsch fließt und damit zur Erfüllung beiträgt.

Vielleicht fällt es Dir zu Anfang schwer, die richtigen Worte zu finden. Ich fand früher fertige Gebetstexte oft hilfreich, weil ich nicht wusste wie ich mich nun respektvoll einer göttlichen Energie nähern kann. Aus Großbritannien kommt der (meiner Meinung nach schreckliche) Trend, Anrufungen und Gebete im Reim zu formulieren. Angeblich wäre dann die Energie stärker. Der Hinweis dazu findet sich sogar in der doch recht bekannten Wiccan Rede. Diese Meinung teile ich nicht. Es kann jedoch durchaus dabei helfen, sich das Gebet leichter zu merken und dann aus dem Kopf immer wieder frei sprechen zu können. Kurze Reime können dann wie ein Mantra gesprochen werden und führen natürlich auch zum Erfolg. Trau Dich, ein wenig rumzuprobieren, was für Dich am besten passt.

Eine Anleitung für Deine Anrufung

Vielleicht möchtest Du ausprobieren, ein Gebet frei zu formulieren? Dann lass Dein Herz sprechen. Vielleicht hilft Dir aber auch folgendes Grundgerüst:

  1. Überlege Dir, an wen Du Dich wenden möchtest und warum. Also an einen bestimmten Gott, eine bestimmte Göttin, einen Engel oder Naturgeist oder an die göttliche Energie ganz allgemein. (Ein Beispiel: zur aktuellen Erntezeit möchte ich die Göttin Demeter anrufen, damit mein neuestes Projekt erfolgreich wird.)
  2. Atme tief durch. Nimm Dir Zeit. Wenn jemand etwas wichtiges mit Dir zu besprechen hat, möchtest Du ja auch nicht, dass er es Dir zwischen Einkaufstüten und Briefkasten zuruft.
  3. Finde eine Ansprache. Verwende den Namen des angesprochenen Wesens. Wenn Du magst, kannst Du auch besondere Attribute hinzufügen. (In meinem Beispiel: Große Göttin Demeter; Göttin der Ernte, die die Fülle über die Menschen ausschüttet; Göttin der Fruchtbarkeit, die alle wachsen und gedeihen lässt.)
  4. Nenne Deinen Namen. Manche nennen die Namen der Eltern dazu. Das war in alten Zeiten üblich, fast schon unabdingbar. Ich selbst mache das aber nicht, sondern sehe mich selbst als Tochter der Götter.(In meinem Fall nun: Hier spricht Stefanie. Ich grüße Dich.)
  5. Worum geht es Dir? Hast Du Kummer oder einen Wunsch? Hier kannst Du nun Dein Anliegen formulieren. Ausführlich oder eher knapp – wie auch immer Du magst. (In meinem Beispiel: Demeter, ich habe ein Projekt begonnen und ich bitte Dich um Deinen Segen dafür. Ich bitte Dich, dass ich alle Hindernisse auf dem Weg zum Abschluss überwinden kann, dass das Projekt dem Wohle aller dienen mag und dass ich eine gute Ernte Heim bringen kann.)
  6. Optional kannst du ein Opfer anbieten. Du kannst zum Beispiel anbieten, etwas zu spenden oder etwas zu tun, wenn Dein Wunsch erfüllt wird. Aber bitte: Das soll kein Kuhhandel werden! Biete etwas an, was dem Wunsch angemessen ist. Du wirst spüren, ob dieses Opfer akzeptiert wird. Auch eine Räucherung oder eine Kerze in einer Kapelle kann ein Opfer sein. (In meinem Beispiel: Ich habe eine ganz besondere Räucherung aus meinem Urlaub in Deiner griechischen Heimat mitgebracht. Ich bitte Dich, dieses Geschenk als Opfergabe anzunehmen.)
  7. Bedanke Dich. (In meinem Beispiel: Ich danke Dir Demeter, dass Du mich hörst. Danke, dass Du mich in meinem Leben schon so reich beschenkt hast. Hab Dank, dass ich mich immer an Dich wenden darf.)

Und sonst so?

Kurz noch ein paar Worte zum Drumherum: Klar, bist Du in einem Ritual, gibt dieses den Rahmen für das Gebet. Gehörst Du einer bestimmten Religion an, dann gibt diese oftmals Zeit oder auch die Gebetshaltung vor. Gehörst Du keiner speziellen Religion an und bist gänzlich frei in Deinem Tun, kann es passieren, dass Du viel seltener betest, als Du eigentlich möchtest. Daher habe ich das Gebet in meine Morgenroutine übernommen. Wenn ich mal keine Zeit für Rituale habe, haben die Götter dennoch einen festen Platz in meinem Leben. Du kannst zum Beispiel direkt nach dem Aufstehen ein paar Minuten für die Götter reservieren oder auch abends vor dem Zubettgehen. Mit solchen Verknüpfungen ist es leichter, Gebete im Alltag zu integrieren.

In manchen Religionen ist es üblich, zum Gebet auf die Knie zu gehen oder sich flach auf den Boden zu legen, um Demut zu zeigen. Vor allen in vorchristlichen oder neuheidnischen Religionen ist das jedoch nicht der Fall. Hier wird davon ausgegangen, dass man den Göttern mutig und dennoch respektvoll entgegentreten darf. Nur wenige Götter in polytheistischen (- viele Götter, im Gegensatz dazu monotheistisch – ein Gott) Religionen verlangen Unterwerfung.

Auch die Kleidung ist in einigen Religionen vorgegeben. Manchmal gibt es spezielle Kopfbedeckungen oder Kleider. In einigen Hexengruppen werden Rituale skyclad (im Himmelskleid – nackt) zelebriert.

Letztlich geht es auch bei der Frage zum Gebet immer auch darum, welcher Gruppe Du Dich zugehörig fühlst. Gehörst Du keiner an, darfst Du Deinen eigenen Rahmen stecken. Ich bin sicher, dass Deine Anrufungen – so sie aus dem Herzen kommen – genauso wirkungsvoll sind, wie jahrhundertealte Gebetstexte.

Mich interessiert nun, wie Du betest? Betest Du überhaupt? Zu wem spricht Du dann? Hast Du eine feste Zeit? Verrate es mir gern in den Kommentaren. Ich freue mich darauf, von Dir zu hören!

Stefanie Gralewski

Über die Autorin

Ich bin Stefanie Gralewski und das hier ist mein Blog. Es ist kein Anleitungsblog, nicht gefüllt mit Weisheiten oder weltbewegenden Themen. Ich teile hier meine Gedanken, Ansichten und Ideen mit dem, der es lesen möchte. Mein Alltag ist zuweilen anstrengend, magisch, nachdenklich, lustig – aber immer voller Neugier auf das Leben.

  • Liebe Stefanie,
    ich spreche mit Maria, Jesus, unserem Herr Gott, mit den Engeln, Elfen, Feen, Einhörnern und meinen lieben Verstorbenen so wie mir der Schnabel gewachsen ist und immer dann wenn mir danach ist – ich bin im festen Glauben dass sie alle jede unserer Sprachen verstehen und keine geschwollenen Gebete benötigen. Ich sage immer hallo meine Jungs und Mädels wenn ich mit den Engeln, Elfen etc. spreche und bitte dann darum, dass mir geholfen wird. Meine Erfahrung zeigt mir, dass es ganz wichtig ist, dass man nicht fünf oder sechs Mal ein und dasselbe erbittet, sondern ganz im Vertrauen ist, dass sich die geistige Welt darum kümmert – oft höre ich von meinen Klienten dass sie täglich um z.B. den Traumpartner bitten. Und ich sage dann immer: Wenn du einen Mitarbeiter einen Job gibts, stehst du dann auch alle 10 Minuten hinter ihm und fragst, wann er endlich mit seiner Arbeit fertig ist oder aber hast du Vertrauen zu deinem Mitarbeiter und hast ihn deshalb mit der Arbeit betraut und gibst ausreichend Zeit die Aufgabe zu erfüllen. So nun wünsche ich Dir wundervolle Träume und bitte mach auch mit deinem Blog weiter – ist echt gut
    Liebe Grüße
    Petra Six

    • Vielen lieben Dank, liebe Petra für Deinen Kommentar. Vertrauen ist wirklich die Grundlage für inneren Frieden, das sehe ich auch so.
      Liebe Grüße,
      Stefanie Gralewski

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