August 28

Von großen Löffeln und kleinen Veränderungen

„Einst kam ein Mann zum Propheten Elias. Ihn bewegte die Frage nach dem Himmel und Hölle, wollte er doch seinen Lebensweg bewusst gestalten.
Da nahm ihn der Prophet bei der Hand und führte ihn durch dunkle Gassen in einen großen Saal, wo sich viele ausgemergelte Gestalten um die Feuerstelle drängten. Dort brodelte in einem großen Kessel eine köstlich duftende Suppe. Jeder der Leute besaß einen gusseisernen Löffel, der so lang war wie er selbst. Der Löffel war aufgrund seiner Größe zu schwer, um allein damit die Suppe zu schöpfen, und zu lang, um damit Nahrung zum Mund führen zu können. So waren die Menschen halb wahnsinnig vor Hunger und schlugen aufeinander ein vor Wut. Da fasste Elias seinen Begleiter am Arm und sagte: ‚Siehst du, das ist die Hölle!‘
Sie verließen den Saal und traten bald in einen anderen. Auch hier waren viele Menschen. Auch hier wieder ein Kessel Suppe. Auch hier die riesigen Löffel. Aber die Menschen waren wohlgenährt, und man hörte in dem Saal nur das zufriedene Summen angeregter Unterhaltung. Männer und Frauen hatten sich zusammengetan. Einige tauchten gemeinsam die schweren Löffel ein und fütterten die Gegenübersitzenden. Umgekehrt geschah es ebenso. Auf diese Weise wurden alle satt. Und der Prophet Elias sagte zu seinem Begleiter: ‚Siehst du, das ist der Himmel!'“
Nossrat Pesechkian, pers. Arzt u. Psychotherapeut

Was für eine Geschichte!

Diese Geschichte habe ich vor einigen Jahren zum ersten Mal gelesen und sie hat mich bis heute nicht losgelassen. Ich habe viel darüber nachgedacht und tue das auch noch heute. Immer dann, wenn ich sehe, wie Menschen auf Kleinigkeiten beharren oder wenn es um Futterneid geht, habe ich das Bild mit den großen Löffeln im Kopf.

Auf den ersten Blick ist das alles ja völlig logisch und man könnte schnell versucht sein, die Leute im ersten Raum dumm zu finden und zu verurteilen. Aber im Alltag benehmen sich viele Menschen genau so.

Wenn ich zum Beispiel von Zuhause aus ins AstroTV-Studio möchte, muss ich einmal komplett durch Berlin fahren. Ich wohne nämlich am östlichen Stadtrand, der Sender befindet sich fast am westlichen. Ich habe schon oft beobachtet, wie sich zwei Autofahrer am Beginn einer Baustelle minutenlang streiten, wer denn jetzt Vorfahrt hätte. Es hätte ein paar Sekunden gedauert, jemanden, der vielleicht aus meiner Sicht im Unrecht ist, einfach vorzulassen. Doch irgendwie geht es ja auch ums Prinzip, wird mir dann gesagt. Man könne ja nicht immer die anderen vorlassen, sonst würde man selbst ja nie ans Ziel kommen.

So geht es in vielen Situationen: Man lässt den jungen Mann, der in der Schlange an der Kasse ständig auf die Uhr schaut, nicht einfach vor gehen – man hat ja selbst die Zeit nicht gestohlen. Man lässt den Fahrstuhl, in dem man steht, die Türen schließen und davonfahren, obwohl man gesehen hat, dass noch jemand angelaufen kam. Man legt sich das größte Stück Fleisch auf den Teller, obwohl man schon vermutet es nicht zu schaffen, nur damit kein anderer das Stück bekommen kann. Ich könnte sicherlich endlos Beispiele aufzählen, aber ich bin sicher, Du weißt, worauf ich hinaus will. Immer geht es darum, der erste zu sein oder am meisten zu haben.

Evolution oder Erziehung?

Ich verstehe schon den evolutionären Sinn hinter solchem Verhalten: Früher war es dem Überleben nicht zuträglich, zuerst alle anderen auf der Flucht vor dem Säbelzahntiger in die Höhle zu helfen und dann am Ende selbst gefressen zu werden. Und es ist auch noch gar nicht so viele Generationen her, da hat das Essen nicht für alle gereicht, da musste man schnell sein. Aber fühlen wir uns in der westlichen Welt nicht alle so erhaben? Glauben wir nicht, wir wären moderne Menschen, die alles im Griff hätten? Müssten wir dann nicht längst auch steinzeitliche Verhaltensweisen abgelegt haben? Zumal sich nun wahrlich nicht jedes Verhalten evolutionär-neurologisch erklären lässt, wie eine Studie herausgefunden hat. Hier wurde nämlich ganz deutlich herausgestellt, dass Großzügigkeit antrainiert und nicht angeboren ist. (Link)

Das bedeutet, dass man Großzügigkeit und Freigiebigkeit lernen kann. Doch wie? Meiner Meinung nach, in dem Du es Dir in Deinem Alltag bewusst machst, dass Du keinen Schaden nimmst. Ich bin überzeugt davon, dass sogar das Gegenteil der Fall ist. Ich glaube an ein gewisses Karma, an eine schicksalshafte ausgleichende Gerechtigkeit. Tue ich jemandem etwas Gutes, wird irgendwer anderes auch mal etwas Gutes für mich tun. Aber auch das ist kein Kuhhandel! Hier geht es nicht darum, eins zu eins etwas zurück zubekommen.

Kleine Geste, große Wirkung.

Wir sind uns manchmal gar nicht bewusst, welch große Auswirkungen unser Tun auf das Leben anderer hat. Mit einer kleinen Geste können wir vielleicht sogar das Leben eines anderen Menschen verbessern! Eine liebe Freundin von mir, Tanja, postete vor einiger Zeit folgendes auf Ihrem Facebook-Profil:

„Mir ist heute etwas ganz wichtiges und unglaubliches passiert. Für einige von euch vielleicht keine große Sache, für mich persönlich aber wie ein kleines Wunder. Weil man das sonst nur in Videos im Internet sieht. Aber nicht wirklich glaubt das einem so etwas mal selbst passiert. 
Deswegen würde ich diese kleine Begebenheit heute gerne mit euch teilen. Ich habe mich heute relativ spontan, mit einer lieben Freundin und ihrer Mama am Alexanderplatz getroffen.
Ich war relativ übernächtigt, wollte mir diese seltene Gelegenheit aber denn noch nicht entgehen lassen. Also führte der erste Weg zu einem großen, namhaften Coffeeshop in einer Mall. 
Die Schlange war sehr lang, also unterhielt ich mich mit besagter Freundin über Ihren Urlaub ohne weiter über die Menschen um mich herum nachzudenken. Vor uns in der Schlange stand ein groß gewachsener, junger Mann. Ich hörte beiläufig Wortfetzen.“ Sehr großzügig“ , war was ich unter anderem auf schnappte. Mein beiläufiger Gedanke war dass er ihr vermutlich ein großzügiges Trinkgeld gegeben hatte. Und ich dachte noch wer diesen Job bei dieser Gluthitze den ganzen Tag macht, verdient wohl auch ein großzügiges Trinkgeld. Dann war ich an der Reihe. Ich wollte mir endlich meinen Caramel Latte bestellen, um meine Motor zum Laufen zu bringen und den Tag genießen zu können. Als ich mich ans Bezahlen machen wollte, wies mich die Barista darauf hin, dass der Kaffee bereits von dem jungen Mann vor mir bezahlt worden wäre. Ich war völlig geschockt. Ich will ganz ehrlich sein mein erster komischer Gedanke war, ist das eine seltsame Anmache?(Da sieht man mal wie grundsätzlich misstrauisch man selbst mittlerweile gegenüber vielem ist.) Ich fing etwas verwirrt an zu stammeln.“Wie der Kaffee ist bezahlt?“ Die Dame lächelt mich freundlich an. Versicherte mir dann noch mal, dass der Mann vor mir die Rechnung beglichen hätte. Um mir eine Freude zu machen. 
Ich bin dem Herrn dann nach gegangen und musste mich einfach bedanken. Natürlich habe ich gefragt, warum er das getan hat.
Er antwortete mir, er hätte in letzter Zeit selbst eine sehr schwere Zeit durch gemacht. Auf genaueres ging er nicht ein. Und deshalb wollte er jemanden eine Freude machen. Einfach so.
Wer mich näher kennt, weiß wie gerührt ich jetzt war. Und ich muss sagen ich hatte Mühe nicht die Fassung zu verlieren.
Ich gab ihm die Hand, bedankte mich erneut von Herzen und wünschte ihm, ebenso von Herzen, das seine schwere Zeit bald vorüber sein möge.
Er bedankte sich und jeder ging seiner Wege. Ich bin mir nicht ganz sicher, warum mich das heute getroffen hat. Aber es hat mich unglaublich berührt.“

Was glaubst Du, wie es meiner Freundin Tanja an diesem Tag ging und bis heute geht, wenn sie an diese Geschichte denkt? Sie fühlte sich ganz fröhlich, leicht und – im wahrsten Sinne – beschenkt. Eine kleine Geste hat zwei Menschen sehr glücklich gemacht: Einen Menschen der etwas herschenkte und einen Menschen, der beschenkt wurde. Einfach so. Ganz leicht. Wenn nun jeder einem Menschen eine kleine Freude machen würde, würde eine riesige Welle des Glücks über die Welt schwappen. Stell Dir vor, das würde jeden Tag passieren. Wäre es nicht wunderbar, wenn dadurch die Welt ein kleines (oder auch ein großes) Stückchen besser würde?

Natürlich geht es nicht darum, jeden Tag wildfremden Menschen einen Kaffee auszugeben. Und bitte verwechsle Großzügigkeit auch nicht mit Selbstaufgabe. Aber nimm Dir doch einfach einmal vor, heute drei Menschen eine Freude zu machen: Lass die gestresste Mama mit dem schreienden Kind an der Kasse einfach vor, halte jemandem die Fahrstuhltür auf, bring Deiner Kollegin eine schöne Blume mit zur Arbeit… Die Möglichkeiten sind endlos. Vielleicht schenkst Du auch einfach nur ein nettes Wort. Ich verspreche Dir: Du verschönerst nicht nur den Tag zweier Menschen, sondern ein Stück weit auch beider Leben.

Stefanie Gralewski

Über die Autorin

Ich bin Stefanie Gralewski und das hier ist mein Blog. Es ist kein Anleitungsblog, nicht gefüllt mit Weisheiten oder weltbewegenden Themen. Ich teile hier meine Gedanken, Ansichten und Ideen mit dem, der es lesen möchte. Mein Alltag ist zuweilen anstrengend, magisch, nachdenklich, lustig – aber immer voller Neugier auf das Leben.

  • Liebe Steffi,
    Herzlichen Dank für die wundervolle Geschichte und die Erinnerung daran, dass es nicht viel braucht, andere Menschen glücklich zu machen und damit sich selbst auch ein Stück weit glücklicher und zufriedener.
    Alles Liebe,
    Susanne

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